Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft:

Troisdorf und Nowojaworiwsk stärken ihre Solidaritätspartnerschaft

Nowojaworiwsk, eine Stadt mit etwa 52.000 Einwohnern, besteht aus der Kernstadt und 21 umliegenden Dörfern. Gegründet in den 1960er-Jahren als Arbeitersiedlung für ein Chemiewerk, hat sich der Ort zu einer lebendigen Gemeinde entwickelt, die für ihre dynamische Bevölkerungsentwicklung und Bildungseinrichtungen bekannt war. Noch vor wenigen Jahren überstieg die Geburtenrate die Sterberate um ein Vielfaches, und die Stadt zog junge Familien und Unternehmen an. Doch der russische Angriffskrieg hat die Lebensrealität grundlegend verändert. Trotz ihrer Entfernung von 1.000 Kilometern zur Frontlinie blieb Nowojaworiwsk nicht verschont: Raketenangriffe trafen die Stadt, Binnenvertriebene suchten hier Zuflucht, und viele Einwohner*innen sind an der Front im Einsatz.

Bürgermeister Matseliukh schilderte eindringlich, wie tiefgreifend der Krieg die Gemeinde verändert hat. 78 Bürger*innen der Stadt sind im Krieg gefallen, über 40 gelten als vermisst. Die Delegation erfuhr während ihres Aufenthalts von weiteren Verlusten. Tausende Bewohner*innen der Stadt – Lehrer*innen, Ärzte, Unternehmer*innen – haben ihre Berufe aufgegeben, um als Soldat*innen ihr Land zu verteidigen. Gleichzeitig hat Nowojaworiwsk etwa 2.000 Binnenvertriebene aufgenommen, die vor der Gewalt im Osten des Landes fliehen mussten. „Dies ist für uns eine der schwierigsten Zeiten in der Geschichte unserer Stadt“, erklärte Matseliukh. „Die Partnerschaft mit Troisdorf gibt uns Hoffnung und eröffnet uns neue Möglichkeiten, uns trotz der widrigen Umstände weiterzuentwickeln. “

Der Troisdorfer Bürgermeister Alexander Biber unterstrich in seiner Begrüßungsrede die Bedeutung der Partnerschaft als Ausdruck von Solidarität und gegenseitigem Lernen. „Wir möchten nicht nur ein Zeichen der Unterstützung setzen, sondern auch gemeinsam mit Nowojaworiwsk an nachhaltigen Lösungen arbeiten, die beiden Städten zugutekommen. Diese Partnerschaft ist ein Projekt mit Herz und Verstand. “

Ein zentrales Element des Besuchs war die Unterzeichnung des Memorandums of Understanding (MoU) im Rahmen eines Treffens mit den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates im Troisdorfer Rathaus.

Dieses bildet die Grundlage für die Solidaritätspartnerschaft zwischen Troisdorf und Nowojaworiwsk. Beide Städte bekunden ihre Solidarität, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in der Ukraine und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung von Nowojaworiwsk. Ziel der Partnerschaft ist es, den Austausch in den Bereichen Bildung, Kultur, Wirtschaft, Umwelt, Nachhaltigkeit und sozialen Projekten zu intensivieren und langfristige Kooperationen zu fördern, die den Wiederaufbau und die Entwicklung in Nowojaworiwsk unterstützen.

Im Rahmen dieser Vereinbarung verpflichten sich beide Städte, Ressourcen und Expertise bereitzustellen, um gemeinsame Projekte erfolgreich umzusetzen. Für konkrete Vorhaben sollen separate Vereinbarungen, die Details zu Bedingungen, Zeitrahmen und Finanzierungen regeln. Das Memorandum ist eine Absichtserklärung ohne rechtliche Bindung, dient jedoch als Basis für die Weiterentwicklung einer langfristigen Partnerschaft.

Im Rahmen des Treffens mit den Fraktionsvorsitzenden erläuterte Bürgermeister Matseliukh die Bedeutung der Solidaritätspartnerschaft und bedankte sich für die Unterstützung. Er betonte, dass Nowojaworiwsk bislang keine deutsche Partnerstadt hatte und die Verbindung zu Troisdorf daher umso bedeutsamer sei. „Ich bin überzeugt, dass diese Partnerschaft langfristig tragfähig und fruchtbar sein wird. Mit Troisdorf haben wir einen Partner gefunden, mit dem wir gemeinsam Lösungen entwickeln können – ein zweiter Partner in Deutschland wird wohl nicht nötig sein. “ Die Fraktionsvorsitzenden nutzten die Gelegenheit, um Fragen zu stellen und ihre Unterstützung für die Zusammenarbeit zu bekräftigen.

Die Partnerschaft wird von der Servicestelle „Kommunen in der Einen Welt“ (SKEW) gefördert, einer Initiative von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Ziel der SKEW ist es, Kommunen bei der Gestaltung globaler Verantwortung zu unterstützen. Diese Förderung ermöglicht es, konkrete Projekte wie humanitäre Hilfe und den Austausch von Fachwissen in den Bereichen Bildung, Umwelt und Infrastruktur auf den Weg zu bringen.

Alpine Nazaryan-Pappos, die seit Januar 2024 als Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik bei der Stadt Troisdorf tätig ist, spielt eine zentrale Rolle in der Umsetzung dieser Partnerschaft. Ihre Aufgaben umfassen die Koordination globaler Partnerschaften, die Organisation von Austauschprogrammen und die Entwicklung nachhaltiger Projekte:„Diese Stelle ermöglicht es mir, mein Wissen in der Entwicklungspolitik mit den Anforderungen der kommunalen Verwaltung zu verbinden und globale Partnerschaften wie die mit Nowojaworiwsk gezielt voranzutreiben“, erklärte sie.

Neben der Partnerschaft mit der Ukraine koordiniert Alpine Nazaryan-Pappos auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Elmina in Ghana, wo sie zuletzt auf Anbahnungsreise war. Ziele dieser Partnerschaft sind u.a. der Fachaustausch und Kleinprojekte zur Umsetzung der Agenda 2030 Ziele.

Die Agenda 2030 ist ein globaler Aktionsplan der Vereinten Nationen (UN), der 2015 von allen Mitgliedstaaten verabschiedet wurde. Sie umfasst 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), die bis 2030 erreicht werden sollen. Diese Ziele sollen eine nachhaltige Entwicklung in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht fördern und richten sich an alle Länder weltweit.

Ein weiterer Höhepunkt des Besuchsprogramms war die Teilnahme an der Ukraine-Konferenz NRW in Köln. Diese Plattform brachte kommunale Akteure zusammen, um Strategien für eine nachhaltige Zusammenarbeit zu entwickeln. Ergänzt wurde das Programm durch Besuche bei den Stadtwerken Troisdorf und der RSAG, wo die Delegation moderne Ansätze im Wassermanagement, Abwasserentsorgung und Recycling kennenlernte. Diese Einblicke waren für die ukrainischen Gäste von besonderem Interesse, da ähnliche Herausforderungen in Nowojaworiwsk bestehen.

Ein Gegenbesuch einer Troisdorfer Delegation in Nowojaworiwsk ist bereits für das Frühjahr 2025 geplant. Bürgermeister Matseliukh blickt mit Zuversicht auf die kommenden Schritte: „Diese Verbindung gibt uns Hoffnung. Sie ist ein Zeichen, dass wir nicht allein sind, und gleichzeitig eine Brücke in eine bessere Zukunft für unsere Gemeinde. “ Auch Bürgermeister Biber betonte, dass diese Partnerschaft ein Vorbild für gelungene kommunale Zusammenarbeit sei: „Gemeinsam können wir zeigen, wie Solidarität über Grenzen hinweg konkret gelebt werden kann.“ Die Stadt Troisdorf freut sich darauf, diese Partnerschaft weiter auszubauen und gemeinsam mit Nowojaworiwsk an einer nachhaltigen und friedlichen Zukunft zu arbeiten.

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