Was meint dieses „Au-delà“, dieses „JENSEITS der Natur“?
Dass die Natur, wie wir sie kannten, vergangen ist? Und wie sieht das aus, was danach kommt? Domestizierung, Gefügigmachung der Natur und Ersetzung durch Artefakte, die von einer KI gesteuert werden? Oder führt diese Natur – jenseits unserer Wahrnehmung – immer noch ihr Eigenleben weiter, mit all seinem ursprünglichen Werden und Vergehen? Die uns umgebende Natur unterliegt Transformationsprozessen, die sich exponentiell beschleunigen. Parallel dazu verändert sich der Blick des Menschen auf die Natur. Das Projekt AU-DELÀ DE LA NATURE nähert sich diesem Komplex mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln. Ausgehend von den vier eigenen künstlerischen Positionen soll ein Diskurs darüber angeregt werden, wie die allgegenwärtigen Transformationen in eine nachhaltige Entwicklung gelenkt werden können.
Die Künstlerinnen und Künstler:
Andréa Bryan
Geb. in São Paulo, Brasilien, arbeitet seit 1987 in Köln.
Sie arbeitet mit Multimedia, Installationen, Videos, Performance und Malerei.
Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Holzschnitte.
Ausstellungen in Deutschland und im Ausland.
In den Werken dieser Ausstellung beschäftigt sich Andréa Bryan mit dem Thema NATURE MORTE/NATURE VIVANTE.
Sie interessiert besonders der Übergang, die Zeit und der Raum zwischen dem lebendigen und dem toten Zustand der Natur. Dabei fiel ihr auf: lebendig und tot sind nicht so eindeutig zu bestimmen.
Getrocknete Blumen, die von Asien, Afrika oder Lateinamerika nach Deutschland exportiert wurden, oder Wildblumen, die am Rand der Straßen, in Parks zu finden sind und Stauden, die in Gärten der Gegend wachsen, sind die Inspirationen für die Künstlerin.
Was geschieht mit dem Samen, der so leblos erscheint, bis er wunderbarerweise wieder zu einer Blume wird? Bevor auch diese Blume stirbt und vertrocknet ... aber nicht ohne vorher ihre Samen dem Wind und der Erde zu schenken?
Dieser rätselhaften Zwischen-Raum-Zeit widmet sich die Künstlerin in den Medien
Installation, Holzdruck, Zeichnung, Performance.
www.andrea-bryan.de
Abbildungen: „Die Gärtnerin“: Holzdruck auf Fabrianopapier, entstanden 2015 bis 2018, 1,15 x 0.96 m
„As flores recicladas“: Zeichnung, Sprayfarbe, Ölpastell und Pastell, 2023
1,00 m x 0,86 m.
Irmgard Esch
Au-delà de la nature
Natur lockt mit ihrer Schönheit und unerschöpflicher Farben- und Formenvielfalt. Sie verändert sich aber auch durch menschliche Eingriffe, sie wird gestört und ihres eigenen Rhythmus‘ beraubt.
In den hier ausgestellten Werkserien BAUMALLEE und BAUMGEFLÜSTER ließ die Künstlerin sich von Bäumen faszinieren, vor allem von alten Bäumen, Naturdenkmälern, mit ihren gewaltigen Stämmen, ihren zahlreichen Verzweigungen und ihren tief ausgehöhlten Baumkörpern.
Irmgard Esch erkundet diese uralten Wesen voller Geheimnisse in ihrer Malerei, die zwischen Realismus und Abstraktion oszilliert. Sie spürt dem nach, was Bäume erzählen und welche Stimmungen sie erzeugen.
Die Bilder (Werkreihe „Baumallee“, 2022-2023) verweisen auf existentielle Fragen und auch auf das Wunder des Lebens.
www.irmgard-esch.de
Helmut Kesberg
Geb. 1948. Erste künstlerische Erfahrungen im grafischen Betrieb des Vaters, Studium in Bonn. Schulleiter bis 2009. Seit 2003 Vorsitzender des KUNSTVEREINS FRECHEN. Arbeitsschwerpunkte Druckgrafik, Zeichnung, Malerei, gezeichneter Film, Graphic Novel. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland seit 2003. Kurator und Ausstellungsmacher, u.a. der Internationalen Grafik-Triennale Frechen. 2021 Kulturpreis des Rhein-Erft-Kreises. Mitglied des BBK Bonn/Rhein-Sieg.
Helmut Kesberg geht mit der Werkserie STADTNATUR von einer Bestandsaufnahme des Wandels aus, die er seit Jahren auf seinen Stadtgängen zu Fuß unternimmt. Auf Erkundungen seines unmittelbaren Stadtviertels fallen ihm Straßenränder und Ecken auf, in die Natur abgedrängt wird, karge Schottergärten, versiegelte Parkflächen. Naturwuchs wird durch artifizielle Pseudonatur ersetzt. Dennoch: dazwischen finden sich wie zum Trost Naturinseln, die, sich selbst überlassen, dahinwuchern. Das alles wird in Zeichnungen dokumentiert.
Seine Malerei zu dem Themenkomplex lotet bis ins Groteske hinein den ganzen Spielraum der artifiziellen Plastiknatur aus, mit der unsere urbane Umgebung in einen Eventpark transformiert wird. Eine neue Bilderserie zeigt fantastische Visionen von Wildheit eines urbanen Dschungels.
www.helmut-kesberg.de
Stefan Zöllner
Geb. in Saarlouis, studierte Freie Kunst an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf und war Meisterschüler von Prof. Rissa.
Stefan Zöllner präsentiert mit der Installation REAKTOR eine Verschmelzung der Ergebnisse von drei Werkphasen. Im ersten Coronajahr entstand die Reihe WuWei. Minimalistisch aus Fundstücken hergestellte Objekte wurden zu poetischen Clustern konzentriert und auf farbigen Tableaus arrangiert. Die Vergänglichkeit der verwendeten Materialien indes brachte den Künstler auf die Idee, einen ganz anderen Weg einzuschlagen: Im zweiten Coronajahr erlernte er autodidaktisch den Bronzeguss im Sandgussverfahren. Eine Serie von Bronzen entstand.
Im Herbst 2022 begann ein weiteres Abenteuer: Künstliche Intelligenz ermöglicht erstmalig mit der einfachen Eingabe von ein paar Zeilen Text die Erstellung von synthetischen Bildern. Die hierbei erzielte Übereinstimmung dieser auf Knopfdruck generierten KI-Bilder mit der über ein ganzes Künstlerleben erarbeiteten Ästhetik war für ihn, wie er selbst sagt, „ein Schlag ins Gesicht“. Er reagierte darauf mit einer Serie neuer Objekte.
Inmitten dieser in Vitrinen präsentierten Objekte sind die KI-Bilder in einer Videoarbeit zu sehen. Zwei Welten prallen energetisch aufeinander und fusionieren scheinbar ganz selbstverständlich zu einer neuen Einheit. Doch die Frage „Was ist eigentlich Intelligenz, was ist Kreativität?“ drängt sich dem Betrachter förmlich auf.
www.stefanzoellner.com
www.derraum.com
www.satori-hype-records.de
Beitrag des Saarländischen Rundfunks zu „REAKTOR“ auf der SaarART 23:
https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=131372