Die Aufgabenbereiche der vier Teams des städtischen Jugendamts in den Stadtteilhäusern in Troisdorf-Sieglar, Troisdorf-Mitte, -Spich und -Friedrich-Wilhelms-Hütte wurden neu zugeschnitten. Im Stadtteilhaus in Sieglar ist ein zentraler Kinderschutzfachdienst für das gesamte Stadtgebiet Troisdorf eingerichtet worden. Das Konzept für die Bündelung der Aufgaben wurde bereits 2019 erarbeitet.
Der organisatorisch neu geordnete Kinderschutzfachdienst wird für alle Erstmeldungen von Kindeswohlgefährdungen und für die Beratung der anderen Stadtteilteams bei diesen Fällen in laufenden Hilfen zuständig sein. Damit wird die fachlich bestmögliche Unterstützung von gefährdeten Kindern und ihren Familien sichergestellt.
„Der Bereich der Kindeswohlgefährdungen ist sehr groß und vielschichtig. Das geht von körperlichen Mißhandlungen und sexuellem Mißbrauch über Vernachlässigung der Aufsichtspflicht bis zum emotionalen Mißbrauch oder Anstiftung zu Straftaten“, erläutert Kim Schäfer, Leiterin des neuen Kinderschutzfachdienstes.
Er besteht aus fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die sind auf Meldungen aus Schulen, Kitas, Tagespflege, Nachbarschaft und Verwandtschaft angewiesen. Nur so können sie eventuellen Gefährdungen für Kinder nachgehen, sie prüfen und in einem formalen Verfahren klären.
Die Zahl der Meldungen von gefährdeten Kindern ist in Troisdorf seit 2017 von 130, 2018 auf 155 und 2019 auf 170 gestiegen. Die Beratung der Eltern, eventuelle Hilfen für die Familie und ihre weitere Begleitung stehen im Vordergrund der Arbeit. Das ist ein äußerst facettenreiches Aufgabengebiet und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meistens sehr belastend.
„In 15 % der Fälle geht es um akute Kindeswohlgefährdung, in 40 % um latente Gefährdung, die mit unseren Hilfen überwunden werden können, und bei 30 bis 40 % handelt es sich um Fälle, die sich rasch positiv lösen lassen. Zeitweise laufen 10 bis 15 Fälle parallel und müssen geprüft werden“, erklärt Dr. Markus Wüst, Leiter des Jugendamts Troisdorf.
Die Jugendhilfe im Strafverfahren für das gesamte Troisdorfer Stadtgebiet wird seit dem 1. Juli 2020 ebenfalls zentral im Stadtteilhaus Sieglar angeboten. Markus Pütz ist der neue Abteilungsleiter Soziale Dienste im Jugendamt und zuständig für die vier Teams der Stadtteilhäuser. Der neue räumliche und fachliche Zuschnitt der Bezirkssozialarbeit in den Stadtteilhäusern:
Stadtteilhaus Spich für Spich, Kriegsdorf, Sieglar, Rotter See;
Stadtteilhaus Troisdorf-Mitte für Troisdorf-Mitte, Oberlar, Altenrath, Eschmar;
Stadtteilhaus Friedrich-Wilhelms-Hütte für FHW, Troisdorf-West, Bergheim, Müllekoven;
Stadtteilhaus Sieglar: Kinderschutzfachdienst, Jugendhilfe im Strafverfahren, Bereich Unbegleitete minderjährige Ausländer*innen UmA, Pflegekinderdienst und Frühe Hilfen bei Schwangerschaft und für junge Familien.
Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Stadtteilhäusern findet man hier auf der Webseite, Rubrik Familie, Stichwort Familien-Angelegenheit. Infos für den Kinderschutzfachdienst per Mail an: schaeferk@troisdorf.de. In besonders dringenden Fällen – Hinweise auf akute schwerwiegende Gefahr für das Kindeswohl – ist montags bis donnerstags von 7.30 bis 16.30 Uhr, freitags von 7.30 bis 12.30 Uhr der Tagesdienst im Jugendamt unter Tel. 02241/900-474 erreichbar.
Über den neuen Kinderschutzfachdienst ließen sich Alexander Biber, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses des Stadtrats, und Erste Beigeordnete Tanja Gaspers als zuständige Dezernentin vor Ort informieren. Übrigens: Die Stadt hat das denkmalgeschützte Gebäude der alten Schule in Sieglar, Marktplatz 19, in dem sich der Kinderschutzfachdienst seit 1. Juli 2020 befindet, an eben diesem Tag für 1,5 Millionen Euro gekauft. Es war bis 1994 in städtischem Besitz, danach im Besitz einer Firma mit damals schon zwei Etagen für das städtische Jugendamt.
Erläuterungen zum Thema
Nach Grundgesetz Art. 6 Abs. 2 GG sind Eltern und Staat für den Kinderschutz verantwortlich: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
Eine Kindeswohlgefährdung liegt gemäß § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann vor, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes unmittelbar beeinträchtigt oder bedroht ist und die Erziehungsberechtigten diesen Zustand nicht abstellen können oder wollen. Ansprechpartner ist in einem solchen Fall das zuständige Jugendamt. Gemäß § 8a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) muss es aktiv werden, wenn Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bestehen. Bestätigt sich der Verdacht, muss ein Familiengericht geeignete Maßnahmen beschließen.
Das Bundeskinderschutzgesetz regelt den umfassenden, aktiven Kinderschutz in Deutschland. Es ist seit dem 1. Januar 2012 in Kraft und basiert auf den beiden Säulen Prävention und Intervention.
Mit dem 2005 in Kraft getretenen und 2012 durch das Bundeskinderschutzgesetz neu strukturierten § 8a SGB VIII – Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung hat der Gesetzgeber festgeschrieben, welche Verantwortung Mitarbeitende der öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe haben und wie sie eine qualifizierte Fallbeurteilung sicherstellen.