1969 hatte Eschmar rund 600 Einwohner. Heute sind es mehr als 3100. Wesentlich mitverantwortlich dafür ist die Gartenstadt Eschmar, ein komplett im Stil der frühen 70er-Jahre gebautes neues Stadtviertel.
Ein wichtiger Bautrend in der Gründungszeit der Stadt Troisdorf in ihrer heutigen Form waren Bungalows. Die Welle der meist mit einem Flachdach ausgestatteten Häuser war in den 60er-Jahren aus den USA nach Westdeutschland geschwappt. Dort waren und sind solche Gebäude mit nur einem Geschoss zu ebener Erde gang und gäbe.
Das in Deutschland wohl prominenteste Beispiel und ein wichtiger Trendsetter war der Kanzlerbungalow auf dem Gelände des Bundeskanzleramtes in Bonn. Der vom Bauhaus beeinflusste Architekt Sep Ruf schuf ihn 1963. Vielerorts im Umfeld entstanden nun Bungalows. In Troisdorf wurde mit der Gartenstadt Eschmar ein ganzes neues Viertel weitgehend in dieser Bauform realisiert.
„Die Bewohner mussten sich beim Kauf eines Bauplatzes verpflichten, bis 1974 gebaut zu haben“, erklärt Eschmars Ortsvorsteher Klaus Schlicht. Daher gilt dieses Jahr als Geburtsjahr für ein komplett neues Wohnquartier. „Die Frist wurde wegen der problematischen konjunkturellen Lage bis Ende 1975 verlängert“, so Klaus Schlicht.
Die Weltwirtschaft war im Herbst 1973 durch die erste Ölpreiskrise erschüttert worden. Deutschland erlebte in den Jahren 1974/75 eine Rezession. Das Wirtschaftswachstum stagnierte 1974, die Inflationsrate belief sich auf 7 Prozent. Im Folgejahr brach das BIP sogar um 1,1 Prozent ein. Keine leichten Zeiten für das Entstehen eines neuen Stadtviertels. Doch die Gartenstadt gedieh.
Zurück zur Planung: 1971 befasste sich der Stadtrat mit dem Bebauungsplan E65. Es ging um ein 23 Hektar großes Gebiet zwischen der Eisenbahntrasse und der geplanten Trasse der L332 N. „160 bis 200 eingeschossige Bungalows sowie 80 zweigeschossige Reifenhäuser und 160 Wohneinheiten in bis zu sechsgeschossigen terrassierten Wohngebäuden“ waren vorgesehen. Die insgesamt 400 Wohneinheiten sollten für rund 1200 Neubürger von Eschmar Platz bieten.
Mastermind dahinter war Ulrich Bauer, von 1970 bis 1973 Leiter des Plaungsamtes und danach Technischer Beigeordneter. Eingeweihte nannten ihn mit Blick auf die in der „Gartenstadt“ geforderte Bungalow-Bauweise auch „Flachdach-Ulli“. Bauer wurde später Oberbürgermeister von Esslingen. Von 1970 - 1973 leitete Bauer das Stadtplanungsamt und engagierte sich im Anschluss als Technischer Beigeordneter. 1983 wurde er Baubürgermeister in Heilbronn. 7 Jahre später wählten ihn die Esslinger zum Oberbürgermeister.
Nach dem Willen der politisch Verantwortlichen in Stadtplanungsausschuss und Rat sollten Einfamilienhäuser 80 Prozent der Fläche im Baugebiet einnehmen, um den Charakter einer Gartenstadt zu wahren. „Aus neuzeitlichen städtebaulichen Erwägungen und wegen der steigenden Grundstücks- und Erschließungskosten wurden relativ kleine Grundstückszuschnitte gewählt“, so eine Publikation der Stadt aus dieser Zeit. Aus Gründen des Emissionsschutzes waren ausschließlich Gas- und Elektroheizungen zugelassen.
Die Grundstücksfläche für einen Bungalow belief sich auf rund 300 Quadratmeter, verbunden mit der Möglichkeit, auch zwei aneinander liegende Grundstücke zu erwerben. Im Grundstücks-Kaufvertrag war mit Blick auf den angestrebten Charakter als „Gartenstadt“ vorgesehen, dass die Erwerber sich verpflichten, „den ihrem Grundstück vorgelagerten Grünstreifen dauernd in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten“.
Zudem gab es den historischen Unterlagen zufolge strenge Gestaltungsauflagen, um einen einheitlichen Charakter zu gewährleisten. Zitat: “... aufgrund dieser Festsetzung können eingeschossige Flachdachbungalows in geschlossener Bauweise erstellt werden. ... Die Grenzbebauung ist zwingend vorgeschrieben. Diese Bauweise ermöglicht so die Errichtung von Gartenhofhäusern mit schönen zusammenhängenden Gartenflächen...“
Die Grundstücke wurden ohne Einschaltung einer Trägergesellschaft an Einzelbewerber abgegeben. Der Quadratmeterpreis belief sich seinerzeit auf 48 DM für „Grundstücke im Bereich der 3-5-geschossigen Bauweise und auf 28 DM für „Grundstücke bis zu 2 Wohnstücke bis zu 2 Wohngeschossen, einschließlich der Garagenplätze“, so alte Papiere der Stadt.
Das neue Quartier wurde hervorragend angenommen, und viele sind über Jahrzehnte dort geblieben. Zur 40-Jahr-Feier berichtete ein Erstbewohner des Terrassenhauses, dass rund die Hälfte der Mitte der 70er-Jahre eingezogenen Bewohner immer noch dort zuhause sind. Ärgernisse wie die planerische Entscheidung, den Autoverkehr in weiteren Bereichen durch Sperrpfähle auszusperren und nicht immer dichte Flachdächer der Bungalows sind Vergangenheit. Die Bewohner in den Straßen, die nach Malern wie Van Gogh, Nolde, Raffael, Rembrandt und Tizian benannt sind, haben es sich gut eingerichtet.
Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski: „Die Gartenstadt Eschmar ist längst mehr als eine Schlafstadt für Berufstätige im Raum Köln-Bonn. Die Gartenstädter sind Eschmarer geworden. Das zeigt sich auch daran, wie lange viele Bewohner der Gartenstadt treu geblieben sind. Dieses Viertel ist neben Altenrath eins der großen Projekte, die wir in Troisdorf in Angriff genommen haben, um attraktiven Wohnraum zu schaffen. Troisdorf ist mit der Gartenstadt gewachsen und noch ein Stück lebenswerter geworden.“