Die städtische Pressestelle veröffentlicht im Rahmen des Jubiläums 50 Jahre Troisdorf nach der Kommunalen Neuordnung 1969 in loser Folge Interviews zu Entwicklungen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen unserer Stadt. Heute: Der Troisdorfer Karneval seit den 1960er Jahren. Ein Interview mit Hans Dahl (70), seit 10 Jahren Vorsitzender des Festausschusses Troisdorfer Karneval.
Dahl ist seit 52 Jahren im Karneval aktiv, seit 1967 im Tanz- und Fanfarencorps „Treuer Husar“ 1950 e.V., ab 1972 bis 2002 Kommandant und Vorsitzender bei den Treuen Husaren. Damit ist Dahl dienstältester Vorsitzender einer Karnevalsgesellschaft (KG) gewesen. Beruflich war er Vertriebsleiter einer Elektrogerätefirma.
Herr Dahl, wann und wie begann Ihre Karriere im Troisdorfer Karneval?
Meine Karriere als Karnevalist fing 1967 bei den Treuen Husaren an, das war im Saal Quadt in Oberlar. Da wurde ich eher überrumpelt und musste die Fahne tragen, obwohl ich gar nicht die richtige Kleidung anhatte.
1972 wurde ich Kommandant der Treuen Husaren. Meine Oma war vor dem Zweiten Weltkrieg Präsidentin in einem Damenkomitee. Meine Mutter war Sängerin. Der Karnevals-Bazillus steckte also in der Familie.
War Troisdorf früher schon eine Karnevalshochburg in der Region?
Früher war vor allem die Koplingfamilie im Karneval engagiert. In der Troisdorfer Innenstadt gab es die KG Troisdorfer Narrenzunft von 1925, das Reitercorps Blau-Rot und die Blauen Jungs als Tanzgruppe. Ganz aktiv war der Vaterstädtische Verein Troisdorf (VVT) mit seinem Schlachtruf „Dilahei!“. Das bedeutete die lachende Heimat. Gründer der Treuen Husaren war Kurt Strauf, der Sohn von Willy Strauf, dem ersten Troisdorfer Prinzen 1929.
Es gab einen regen Innenstadtkarneval und durch den Zuzug von Mitarbeitern der Klöckner Mannstaedt Werke auf der sogenannten Schääl Sick, da wurde die KG Schääl Sick im Stadtgebiet hinter dem Bahnhof gegründet. Da wurde immer besonders kräftig gefeiert.
Wo haben die denn alle gefeiert?
Es gab früher zahlreiche Säle für die KGs und andere Vereine, im Oberdorf den Saal der Gaststätte Hoeck, den Saal Sanderhof an der Frankfurter Straße, außerdem den Saal Moersch, den Saal des Canisiushauses, den Saal Goldenes Eck, den Saal Quadt, den Saal der Kirche Sankt Maria Königin.
Außerdem gab es das ehemalige Mannstaedt Casino im heutigen Troisdorf-West. Früher war da sehr viel Bewegung. Heute dagegen gibt es keine kleinen Säle mehr, in denen man gemütlich feiern könnte.
Heute ist der Festausschuss ja ein großer Verband vieler Karnevalsvereine. Wie kam es zur Gründung?
Seit 1960 gab es das Karnevalskomitee der Stadt Troisdorf mit dem Vorsitzenden Jakob Theis, da ging 1972 die KG Troisdorf Altstädter draus hervor. 1970 wurde der Festausschuss Troisdorfer Karneval gegründet, um endlich einmal die Karnevalsvereine der gesamten Stadt zu verbinden. Das war ein Trugschluss, denn es gab eine Menge Ressentiments gegenüber dem Verband. Zunächst gehörten ihm nur sieben Vereine an.
Damals rief der Festausschuss zum Sturm auf die Burg Wissem, dem früheren Troisdorfer Rathaus. Die Prinzenproklamation fand im damaligen dortigen Ratssaal statt. Die Roten Funken lieferten die Erbsensuppe für die Verpflegung dazu.
Nach und nach wurden aber viele KGs Mitglieder im Festausschuss, das hat sich langsam entwickelt. Von 1970 bis 1980 war Leo Pöppel vom städtischen Bauamt der Vorsitzende. Der hatte Charisma und viele Kontakte und hinterließ nach seinem Tod eine große Lücke.
Ich trug damals in den 70ern lange Haare. Das wurde von den älteren Herren in den KGs nicht gerne gesehen, da gab es manchmal Diskussionen. Das war halt die Zeit, in der man wegen der Frisur angemeckert wurde.
Heute sind 30 Vereine im Festausschuss verbunden, davon zwei die hospitieren. Der Festausschuss soll keine Konkurrenz zu den KGs sein, er soll die Dinge bündeln und für alle gemeinsam einen Ertrag erzielen. Das gilt zum Beispiel für Verträge mit Sicherheitsfirmen, denn davon profitieren alle. Wir bieten einen großen Raum an für Versammlungen im Gebäude Am Senkelsgraben. Das nutzen wir seit 2005. Dazu gehören auch zwei Wagenhallen, ein Vereinsgebäude, Büros und sogar Intranet für die Vereine.
Regeln Sie das alles alleine oder haben Sie ein Team von Helferinnen und Helfern?
Ich habe eine ganze Reihe Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler zur Unterstützung. Wir haben danach geschaut, was die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorher für einen Job hatten und dann wurden sie im Festausschuss passend eingesetzt. Da ist jemand für die Buchführung, ein anderer für die Technik usw. zuständig, 20 Ehrenamtler. Wir haben das organisiert wie ein kleines Unternehmen.
In Troisdorf gibt es sogar ein jeckes Karnevalsmuseum.
Vor zehn Jahren hatte ich die Idee, die Karnevalssachen und Bilder, die überall verteilt waren und herum lagen, auszustellen. Dazu haben wir Puppen für die Kostüme und Uniformen besorgt und 2014 das Karnevalsmuseum an der Viktoriastraße eingerichtet. Das hat sich schön entwickelt.
Den Raum haben wir von der der GFO gemietet, die Stadt gibt keine Gelder dazu. Wir haben aber einen Förderkreis und Spender. Das kleine Museum ist samstags von 11 bis 13 Uhr geöffnet und der Eintritt ist frei. Da kommen oft Firmen, Schulen, Kitas und andere Besuchergruppen hin.
In vielen Vereinen gibt es Nachwuchssorgen. Doch nicht etwa auch beim Troisdorfer Karneval?
Doch, wir finden kaum Nachwuchs, schon gar nicht ehrenamtlich. Früher traf man sich mit Freunden aus der Stadt und ging in die Vereine. Viele kamen aus der Kolpingfamilie, man kannte und traf sich. Das gibt es heute nicht mehr. Die meisten fahren aus anderen Städten zu den Tanzcorps und sind hinterher wieder weg. Aber auch das Musikkorps der Treuen Husaren hat heute Nachwuchsprobleme.
Der Festausschuss organisiert seit 1970 den Karnevalszug am Sonntag vor Rosenmontag in der Innenstadt, außerdem alljährlich eine Mundartmesse, die Seniorensitzung der Innenstadt und die Prinzenproklamation.
Für die Züge müssen wir jedes Jahr auf Personalsuche gehen für die ehrenamtlichen Zugordner, die die Leute aus einer Sicherheitsfirma ergänzen. Das ist immer ein Riesenaufwand.
Neben dem Personalproblem haben wir das Raumproblem: Es gibt kaum einen zentralen Saal oder Raum für kleinere Sitzungen, bei denen auch mal ortsansässige Kräfte wie karnevalistische Redner oder Musiker auftreten könnten.
Die Stadthalle ist für einige Vereine und für kleinere Veranstaltungen zu teuer. Andererseits ist in Schulaulen der Auf- und Abbau jedes Mal ein enormer Aufwand.
Was haben Sie zuletzt Besonderes erlebt, was bewegt Sie?
Zum 70. Geb. in diesem Jahr haben mir die Altstädter einen Platz auf deren Wagen beim Sonntagszug geschenkt. Das war das erste Mal, dass ich auf einem Wagen mitfuhr und das war wirklich ein tolles Erlebnis.
Ich möchte auch noch auf den „Narri“ hinweisen, unser karnevalistisches Maskottchen und das Logo des Festausschusses, das ich gemeinsam mit Melanie Lemaire entwickelt habe. Darüber freuen sich die Leute immer wieder. Es zeigt die Burg Wissem mit einem Narrengesicht.
Übrigens lohnt es sich, die Veranstaltungen der Karneval treibenden Vereinigungen in allen Stadtteilen zu besuchen, denn alle engagieren sich sehr und versuchen ihren Veranstaltungen eine persönliche Note zu geben.