Menschen mit Demenz im Museum eine schöne Zeit bereiten – das ist das Ziel eines neuen Angebots im Bilderbuchmuseum auf Burg Wissem. Inspiriert durch eine Fortbildung des Projekts „Dementia+Art – Kultur für Menschen“ hat die Museumspädagogin Jennifer Walther-Hammel ein Konzept entwickelt, das speziell auf die Bedürfnisse demenziell erkrankter Menschen abgestimmt ist.
Museumsmitarbeiter Bernhard Schmitz bietet bereits monatlich eine spezielle Führung zu wechselnden Themen der Sammlung oder der Sonderausstellungen für Seniorinnen und Senioren an. Das Projekt „Kunst und Kuchen“ hat sich seit einigen Jahren als fester Bestandteil des Vermittlungsangebots des Museums bewährt. Es kann eine feste „Fangemeinde“ und wechselnde begeisterte Besucherinnen und Besucher verzeichnen.
Für Menschen mit Demenz musste jedoch eine etwas andere Art der Vermittlung gefunden werden. Neben Grundvoraussetzungen wie der Barrierefreiheit und der Nutzung größerer Räume, die genügend Platz für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer bieten, müssen auch Objekte ausgewählt werden, die groß genug und gut sichtbar für alle Beteiligten sind. Auch die Führung an sich muss etwas anders gestaltet werden als üblich.
Gemeinsam Erfahrungen austauschen
„Man sollte keine langen Monolog halten, sondern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem teilhabe-orientierten Erfahrungsaustausch ermutigen“, so Jennifer Walther-Hammel. Wichtig sei es, ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen. Hierbei sollten prägende Erfahrungen aufgegriffen werden und die Bilder und Objekte so ausgewählt werden, dass an positive Erfahrungen – beispielsweise aus der Kindheit – angeknüpft werden kann.
Im Bilderbuchmuseum bietet sich hierfür insbesondere die Rotkäppchen-Sammlung des Ehepaars Waldmann an, die neben Gemälden und Grafiken auch Bücher und volkskundliche Objekte zu dem bekannten Märchen der Brüder Grimm umfasst. Im Rahmen der Führung werden mehrere Bilder aus der Sammlung gemeinsam betrachtet.
Rotkäppchen-Korb als roter Faden
Roter Faden ist hierbei der Korb mit Wein, Brot und Kuchen, den Rotkäppchen im Märchen ihrer Großmutter bringen soll und der zu Beginn gemeinsam ausgepackt wird. Persönliche Gedanken zu der Geschichte werden bei der Betrachtung berücksichtigt. Ebenso bieten die ausgewählten Original-Illustrationen oder Schulwandbilder mit den abgebildeten Objekten genügend weitere Anknüpfungspunkte, um eigene Geschichten und Erfahrungen auszutauschen.
Im Anschluss bietet sich ein kleiner kreativer Workshop an, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, abgestimmt auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse, etwas malen oder kolorieren können, was dann selbstverständlich als Erinnerung an den Museumsausflug mitgenommen werden kann. Das auf dem Areal der Burg Wissem ansässige Caffé dell`Arte lädt zu einem gemütlichen Ausklang des Nachmittags bei Kaffee und Kuchen ein.
Kulturbegleiter für Menschen mit Demenz
Das Konzept für die Veranstaltung im Bilderbuchmuseum wurde im Rahmen der Fortbildung „Kulturbegleiter werden für Menschen mit Demenz“ vorgestellt und bereits durchgeführt. „Nun würde ich mich sehr freuen, wenn noch mehr Gruppen aus Tagespflegeinrichtungen oder Altenheimen Lust hätten, zu uns ins Museum zu kommen und gemeinsam einen schönen und anregenden Nachmittag zu verleben“, so Walther-Hammel.
Kulturangebote und spezielle Museumsführungen für Menschen mit demenziellen Erkrankungen sind schon lange keine Seltenheit mehr und auch dringend erforderlich. Denn noch nie sind in Deutschland so viele Menschen so alt geworden - Tendenz steigend. Damit steigt auch die Zahl derer, die durch körperliche oder geistige Erkrankungen bestimmte Einschränkungen haben. Wenn – wie prognostiziert – mehr als ein Drittel der Menschen im hohen Alter eine Demenz entwickeln, stellt dies auch die Gesellschaft vor besondere Herausforderungen.
Freude an kulturellen Veranstaltungen
Die Freude und das Interesse an kulturellen Veranstaltungen hören auch mit einer Demenzerkrankung nicht auf. Daher sind Museen und andere Kulturinstitutionen dazu aufgerufen, spezielle Angebote zu entwickeln. „Wir sind sehr froh, dass wir nun ein entsprechendes Angebot ins Programm unseres Museums nehmen können“, freut sich Jennifer Walther-Hammel.
Zunächst werden sich die Veranstaltungen thematisch weiterhin um Rotkäppchen drehen. Eine Erweiterung des Themenspektrums ist aber geplant, sollte das Projekt gut angenommen werden. Dann wäre auch ein Angebot zur Stadtgeschichte denkbar, das dann im Museum für Stadt- und Industriegeschichte MUSIT stattfindet.
Gute Anreise, schönen Aufenthalt!
Auf der Burgallee befinden sich Behindertenparklätze, der Fußweg zum Museum beträgt ca. 200 Meter. Es besteht allerdings die Möglichkeit, zum Aussteigen mit dem Auto oder Kleinbus bis direkt vor die Tür zu fahren. Barrierefreie Aufzüge am und im Haus sind vorhanden, sowie einige - auch behindertengerechte – Toiletten.
Auch die Garderobe ist uneingeschränkt zugänglich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Museumskasse sind gerne bei der Ankunft und während des Besuches behilflich. Sitzgelegenheiten sind selbstverständlich ebenfalls vorhanden.
Die Führung kostet 60 Euro zuzüglich 3,50 Euro reduziertem Eintritt pro Person. Begleitpersonen haben freien Eintritt. Maximal 8 Personen (plus Begleitpersonen) können an der Führung teilnehmen. Die Veranstaltung dauert ca. 60 Minuten.
Um frühzeitige Anmeldung wird gebeten im Bilderbuchmuseum Burg Wissem, Burgallee 1, 53840 Troisdorf, Tel. 02241/900-427, Mail an: museumskasse@troisdorf.de. Infos auf www.bilderbuchmuseum.de. Mehr Informationen zu den Angeboten für demenziell erkrankte Menschen gibt Jennifer Walther-Hammel, Koordination Museumspädagogik, Tel. 02241/900-447, Mail an: walther-hammelj@troisdorf.de.