Ortsbestimmung
Brunnen von Victor Bonato
Anlässlich der Präsentation seiner Entwurfsidee zur „Ortsbestimmung“ 1985 äußerte der in Troisdorf ansässige Künstler Victor Bonato folgende Gedanken: „Kunst im öffentlichen Raum ist auf die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten gerichtet, d.h. die Kunst ist nicht als autonomes Werk losgelöst aus ihrem näheren Umfeld und dem Stadtbild zu sehen, sondern Teil des Ganzen und schöpft ihre Qualität aus dieser Integration. Diese Synthese von Kunst und Architektur, wie auch die Wettbewerbsforderung nach einer Bespielbarkeit der Wasserskulptur ist in meinem Entwurfsgedanken erkennbar.“
Nur zwei Jahre später wurde die Wasserskulptur, die nach wie vor auch unter dem Arbeitstitel „Troisdorfer Wassertreppen“ bekannt ist, eingeweiht. Aufgestellt wurde sie auf dem Kölner Platz, inmitten der Fußgängerzone. Hier markiert sie innerhalb des städtischen Treibens einen Treffpunkt, der vor allem im Sommer von kleinen und großen Besuchern zum Verweilen oder zum Spielen gerne genutzt wird.
Zu sehen ist eine Plastik, deren Ästhetik sich auf ein einfaches, geometrisches Gestaltungsprinzip stützt. So besteht die Anlage aus vier gleichen Körpern, die im 90° Winkel zueinander versetzt errichtet wurden. Je fünf leicht abfallende Stufen vermitteln das Bild einer kleinen Treppe. Diese kann bestiegen werden, um eine kleine Plattform zu erreichen. Von hier aus bildet sich ein Wasserfilm, der die Stufen benetzt und in ein Wasserbecken abfließt. Die Begrenzung des Beckens spiegelt in seiner Form das Profil der Treppen. Kanten und Ecken zeichnen somit beides, sowohl die Stufen wie auch den Beckenrand aus. Formal kontrastieren beide mit den vier Kugeln, die Bonato ebenfalls in sein Oeuvre integrierte.
Drei der vier Kugelelemente ruhen in unterschiedlicher Höhe auf den Treppenstufen. Eine weitere Kugel scheint aus dem Becken gerollt und liegt fernab der Skulptur. Bereits während der Modellpräsentation in der Kunstgalerie Vetere wünschte der damalige Troisdorfer Stadtdirektor, die „verlorene Kugel“ des Brunnens auf das Modell zurückzulegen. Victor Bonato, der später davon hörte, freute sich über den Aufforderungscharakter, der dieser Abweichung von der geometrisch gestalteten Anlagen-Norm innewohnt. Tatsächlich installierte Bonato eine Spielbrunnenkonstruktion aus Glas und Edelstahl, die nur perfekt zu sein scheint. Der einkalkulierte Fehler weist darauf hin, dass in jedem modernen Perfektionismus immer auch menschliches Versagen möglich ist.
Kindern sind angesichts des bespielbaren Brunnens Bonatos solche tiefgründigen Inhalte fremd. Sie erkennen in den ebenfalls von Wasser umspülten Kugeln vor allem den spielerischen Effekt. Dieses „kindgerechte“ Ziel ist eine andere, weitere Bedeutungsebene, die Bonato mit voller Absicht in seine Skulptur integrierte.
Die Muße des kindlichen Spiels steht im krassen Gegensatz zu der hektischen Betriebsamkeit der Einkaufenden, die sich symbolisch in dem Hin und Her, in dem Auf und Ab der gegenläufigen Treppenanlagen zeigt. Das herabfließende Wasser weist auf das Leben und das Lebendige hin, dass ständig im Fluss ist und bleibt. Kunstvoll ästhetisch hat Victor Bonato all dies in seiner Brunnenskulptur zusammengefasst, die zum Anschauen, Begreifen und Begehen einlädt. Der Künstler verzichtet damit auf ein Monument abstrakter Größe. Statt dessen bereichert seine Skulptur sinnvoll den städtischen Raum und macht ihn gleichsam interessant für große und kleine Stadtbesucher.